Schadensersatz bei Verletzung von Creative Commons- und Open Source-Lizenzen
Dr. Miriam Ballhausen, Bird & Bird LLP Hamburg
Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Creative Commons-Lizenzen („CC-Lizenzen“) sind nicht nur regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen, sondern werden von deutschen Gerichten ebenso regelmäßig abgelehnt (siehe unter anderem AG Würzburg, Endurteil vom 18 C 611/18, OLG Köln, Urteil vom 13.04.2018 – 6 U 131/17.OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016 – 6 W 72/16; OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14). Das AG Würzburg setzte diese Rechtsprechung mit Endurteil vom 23.07.2020 (34 C 2436/19) nun fort. Es setzte den durch die CC-lizenzwidrige Verwendung des urheberrechtlich geschützten Lichtbilds entstandenen Schaden, der vom Rechteinhaber zunächst auf EUR 938,00 und im Laufe des Verfahrens sodann auf EUR 469,00 beziffert worden war, auf EUR 0,00 fest.
Ansprüche bei CC-lizenzwidriger Nutzung
Werden urheberrechtlich geschützte Inhalte, wie im vorliegenden Fall das Lichtbild, verwendet, ohne dass die Bedingungen der CC-Lizenz eingehalten werden, stehen dem Urheber grundsätzlich sowohl Ansprüche auf Beseitigung (§ 97 Abs. 1 UrhG) und Unterlassung (§ 97 Abs. 1 UrhG). Daneben kommen im Falle von schuldhaften Verletzungen, wie sie bei lizenzwidriger Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte vorliegen, auch Schadensersatzansprüche in Betracht (§ 97 Abs. 2 UrhG). Allerdings setzen diese auch voraus, dass entweder ein konkreter Schaden nachgewiesen wurde oder ein solcher im Wege der Lizenzanalogie anzunehmen ist. Dabei ist „davon auszugehen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für vom Verletzer vorgenommene Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums gezahlt hätten“ (AG Würzburg, Endurteil vom 23.07.2020 – 34 C 2436/19). Zu berücksichtigen sind dabei neben dem Umfang der Nutzung, auch der Wert des verletzten Rechts und die Umstände, die den objektiven Wert der vorgenommenen Benutzungshandlung beeinflussen. Sofern hier der verkehrsmäßig übliche Wert der Lizenzierung festgestellt werden kann, ist dieser zugrunde zu legen. Eine solche Feststellung des verkehrsmäßig üblichen Werts der Lizenzierung kommt etwa dann in Betracht, wenn der (identische) urheberrechtlich geschützte Inhalt vom Urheber dual lizenziert wurde, das heißt sowohl unter proprietären Lizenzbedingungen und gegen Zahlung eines Entgelts, als auch unter einer CC-Lizenz.
Aufforderung zur Nachlizenzierung
Im konkreten Fall machte der Urheber weder Beseitigungs- noch Unterlassungsansprüche geltend und wandte sich auch nicht – wie dies sonst bei Urheberrechtsverletzungen üblich ist – mit einer Abmahnung an den Verletzer. Vielmehr verlangte er die Nachlizenzierung der erfolgten Verwendung gegen Zahlung eines Lizenzentgelts, das zunächst mit EUR 800 zzgl. Mehrwertsteuer und später „nach dem Lizenzkatalog eines Fotografen in Anlehnung an das Tafelwerk Bildhonorare der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarkting“ mit EUR 469“ (AG Würzburg, Endurteil vom 23.07.2020 – 34 C 2436/19) beziffert wurde. Hiergegen wandte sich der Verwender des Lichtbilds mit einer negativen Feststellungsklage.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht gab der Klage statt und lehnte den im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch des Urhebers ab. Es entschied, „dass ein Lichtbild, das der Beklagte und Widerkläger zur Nutzung im Rahmen einer CC-Lizenz unentgeltlich zur Verfügung stellt, mit einem objektiven Wert von EUR 0 zu bemessen ist. Auch eine Verdoppelung im Hinblick auf einen Verletzerzuschlag führt zu keinem höheren Wert“ (AG Würzburg, Endurteil vom 23.07.2020 – 34 C 2436/19).
Kontext der Entscheidung und Ausblick
Bisher hatten sich deutsche Gerichte vor allem mit der Frage des Schadensersatzes bei CC-lizenzwidrigen Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte zu beschäftigen. Während die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestanden, wurden sie der Höhe nach in der Regel abgewiesen bzw. wurde der Schaden mit EUR 0,00 beziffert.
Auch Softwareurheber wenden sich in letzter Zeit vermehrt mit der Aufforderung an vermeintliche Verletzer, dass die angeblich Open Source-lizenzwidrige Verwendung von Software nachlizenziert werden sollte. Anders als im Bereich der CC-lizenzwidrigen Verwendung von Lichtbildern werden dabei regelmäßig Lizenzentgelte im sechsstelligen Bereich aufgerufen. Ob Schadensersatzansprüche hier erfolgreich geltend gemacht werde können, wird davon abhängen, ob der Wert der Lizenzierung z.B. aufgrund der dualen Lizenzierung der (identischen) Software nachgewiesen werden kann. Dem Grunde nach haben Gerichte Schadensersatzansprüche auch für die lizenzwidrige Verwendung von Open Source Software angenommen (LG Bochum, Urteil vom 20.01.2011 – 8 O 293/09), die jedoch der Höhe nach (bisher) daran scheiterten, dass der Nachweis des Werts der Lizenzierung nicht gelang (siehe z.B. OLG Hamm, Urteil vom 13.06.2017, 4 U 72/16).